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In-The-Meantime

In seinem Garten blühen die ersten geretteten Pflanzen: die tränenden Herzen vom Supermarkt, die Pfingstrose vom Nachbargrundstück, wo jetzt schon der Rohbau steht. Die kaukasischen Vergissmeinnicht haben sie dir heuer direkt nachgeschmissen. Wegen Russland wahrscheinlich, und die Maiglöckchen und die beiden lila Irisstauden hat er schon letztes Jahr beim Manufactum im ersten Bezirk geschenkt bekommen, weil’s schon so spät im Jahr war und sie sonst eh nur im Mistkübel gelandet wären. „Ich kenne nämlich nur ein Jahr und das ist Gartenjahr“, sagt er, als ob damit jetzt alles geklärt wäre. „Alles fürs kleine Maiglückchen“, sage ich spitz, weil ich schlechte Laune habe und Streit suche. Er nickt aber nur, offensichtlich ist er mit seinen Gedanken ganz wo anders. In seinem Garten wahrscheinlich, meiner Vermutung nach bei seinen tränenden Herzen. Die nehmen ihn ganz schön her, das habe ich schon öfter bemerkt. ‚Er will halt einmal auch so makellos sterben‘, denke ich. Aber das wird ihm nicht gelingen, sein Herz ist viel zu weich dafür. Ich kann jetzt schon sehen, wie es aus der Symmetrie gerät. Jede Menge Dellen.

In-The-Meantime in Wien: Hubschrauber über der Stadt und der Himmel kann sich nicht entscheiden, ob er lachen oder weinen soll. Die Menschen marschieren auf der Straße herum wie geschäftige Cyborgs, die bei der Hüfte mit einem Winkelschleifer auseinandergeschnitten worden sind, damit alles oberhalb davon in der botanischen Sammlung im Augarten untergestellt werden kann. Die Palmen und die anderen Bäume sind deshalb schon früher als sonst aus ihrem Winterquartier herausgeräumt worden, sie stehen jetzt drüben im Neunten, und wenn man unter ihnen durchgeht, kommt man sich vor wie im Süden. Setz dich doch her Baby, es ist Mai, Baby! Die Cyborg-Unterleibe haben aber keine Augen und Ohren dafür (wie auch), sie treten, ohne sich auch nur einen Millimeter ablenken zu lassen, einen Cyborgschritt nach dem anderen und das mit so viel Gewalt in den Gehsteig, dass sie einem fast leidtun könnten. Die Katze vom Schuster streunt aber noch herum und ein paar junge Leute sind auch ganz geblieben. Vielleicht sind das aber auch nur Statisten.

 



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Neuer Blog: https://heinisch622718518.wordpress.com/

 . Aus irgendwelchen Gründen kann ich hier keine Fotos mehr hochladen. So habe ich einen neuen Blog gestartet, wobei ich mich dort noch ganz schön herumplage ...  Aber hier:  Andrea Heinisch, der Blog – Fotos, Texte und Neuigkeiten von Andrea Heinisch (wordpress.com)   geht es weiter! Davon abgesehen bin ich jedoch wie jeden Sommer ohnehin schwer beschäftigt:  Nach den ganzen Beeren müssen nun Tomaten, Gurken, Zuccini, Paprika, Lauch, ... verarbeitet werden, und Besuch findet sich hier auf unserem Hof ja auch immer wieder ein. Alles andere muss dazwischen passieren.  :) Liebe Grüße, Andrea

Save The Date: Herbsttermine

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Über den Tellerrand

  Eben gelesen, dass auch F. über den Tellerrand schaut. Ja, seit einiger Zeit schauen alle nur noch über den Tellerrand. Welche Suppe sie einstweilen (aus)löffeln, bemerken sie nicht, weil sie ja ... siehe oben: mit dem Über-den-Tellerrand-Schauen beschäftigt sind. Was sie dort sehen, erfahren wir übrigens nicht. Müssen wir auch nicht, weil sie dort eh immer nur das sehen, das sie vorher schon gewusst haben. Mahlzeit!