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Reisen. Immer reisen.

 .


Die Welt, ein Reisekatalog und lauter Ziele. Endlich Ziele. Irgendwo aufschlagen, nur ein wenig schielen, damit wir die High-End-Seiten erwischen mit den High-End-Zielen, so unbestimmt die Sehnsucht ist, so bestimmt sind ihre Ziele, die Augen geschlossen, mit dem Finger wohin getippt: Reisen. Reisen wie auf der Flucht, obwohl wir doch die mit den guten Leben sind. Flucht nach vorne. Ins noch bessere Leben, im Fall des Falles auch dorthin, wo die mit den viel schlechteren Leben leben. An diesen herrlichen Stränden. In diesen malerischen Land- und Ort- und Stadtschaften. Wo die mit den glücklichen Gesichtern leben, wo sie so glücklich sind und nicht reisen müssen wie wir, die im Wohlstand feststecken wie im Glückssirup. Reisen, immer reisen, reisen. Der Schönheit, der Besonderheit, den Ausnahmen, unseretwegen auch der Armut hinterher, wenn es nicht anders geht und wenn sie uns nicht ungefragt unters Hemd greift, und der Sonne, die alles so unterschiedslos. So unfair, wie wir selbst es sind, bescheint. Wir sind wie die Sonne, die reisende. Kommen immer wieder. Ungehemmt. Reisen wir dem Meer hinterher (mehr, immer mehr Meer!) und den grünen Fluren – oder nein, die Flure haben wir eh selbst, die grünen. Haben wir gehabt, weil es sie uns überschwemmt hat im letzten Jahr und jetzt alles verschlammt ist, oder zu wenig begossen: ganz braun waren sie. So heiß war es, Waldbrände gab es bei uns wie dort, wohin es uns zieht: in die Ferne zieht es uns trotzdem, in die Ferne buchen wir uns, sowie es geht, buchen wir uns weg, gibt’s Ablasshandel mit CO2, und wenn der Flieger landet, klatschen wir nicht, schon lang nicht mehr. Wir sind schon lang exorbitant & weltgewandt, haben Landkarten mit Stecknadeln, Land für Land: aufgespießt. Oder Reiseblogs. Oder Fotodokus. In die Ferne zieht es uns immer noch, die Sehnsucht treibt: entwässert euch! Immer wieder, weil kaum wieder zurück, kaum liegen wir ausgepackt, liegen wir längs ausgebreitet überm Bett, strandbraun. Werden wir schon wieder blass. Geht uns alles verloren, bleibt nur die Sehnsucht. Die Flucht nach vorne, weil verkommen wollen wir nicht!, wir sind die Sonne!, laden wir das Handy auf, ist das Handy aufgeladen, bis es aufsingt: Ich bin wieder voll. Komm, singt es, mich zieht es in die Ferne.


Kommentare

  1. Nö, das ist bei mir nicht so. Definitiv. :--)
    Ich bleib gerne da, wo ich bin.
    Aber ich bin eine der wenigen ...
    Ich weiss.

    Lieben Gruss,
    Brigitte

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  2. Bei der Trübnis hier seit Wochen sehne ich mich auch schon mal an Orte, wo es heller, lichter ist. Doch es bleibt bei der Sehnsucht. Denn: Zu Hause ist es trotz allem auch schön ;)
    Liebe Grüße

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  3. Oh ja, ich verreise schon gerne. Hab aber nur so wenig Gelegenheit dazu und deswegen genieße ich jedes Wegfahren umso mehr.

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  4. Ich stelle immer wieder fest, dass viele, die sich so gern in die Ferne bewegen, ihre Heimat oder nähere Umgebung kaum kennen.
    Und selbst wenn ich mich in der mir nahen Stadt aufhalte, dann entdecke ich immer noch etwas Neues, das mir zuvor noch nie bewusst geworden wäre.
    Und überhaupt, das Leben selbst ist eine einzige Reise! Auch bei diesem Reisen habe ich oft das Gefühl, dass die Menschen lieber von sich selbst wegstreben, auf der Flucht vor sich selbst - als sich endlich selbst zu entdecken.
    Nachdenklich, C Stern

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  5. Das Lesen,
    liebe Andrea,
    des Blogbeitrags zum neuen Jahr 2024 hat in mir dies hier ausgelöst:
    Zustimmung und Nachdenklichkeit!
    Mit einem herzlichen Gruss aus Basel ins erste Märzwochenende
    Hausfrau Hanna
    PS. Zum Thema noch dies:
    "Reisen, reisen unermüdlich -
    östlich, westlich, nördlich, südlich." (unbekannt)

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    1. Wie schön, ein ganz neuer Name hier im Blog! Ein erstes Willkommen!
      Liebe Grüße, Andrea

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