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Über die Zappletal, einen Zeckenbiss und die Freiheit

Die Zappletal ist krank. Sie hat sich vor vierzehn Tagen am Land einen Zeck eingefangen, jetzt hat sie Fieber und ich ihre Arbeit am Hals. (Wäre gescheiter gewesen, wenn ich ihr den Journaldienst nicht abgenommen hätte, da hätte sie erst gar nicht aufs Land fahren können. Karma. Das ist Karma, Baby!) Dass sie jetzt zuhause festhängt, wird sie aber speziell hart ankommen, weil sie doch in ein paar Tagen auf Urlaub gegangen wäre. Endlich einmal wieder nach dem ganzen Coronascheiß. So richtig weit weg. Bali oder die Malediven, das weiß ich jetzt nicht mehr, ist eh alles dasselbe. „Endlich wieder Freiheit!“, hat sie herumtrompetet, und dass sie es nicht leiden kann festzusitzen, dass sie fast eingeht, wenn sie die ganze Zeit in Wien angebunden ist wie so ein Sträfling. Tja, nun ist sie angebunden und das im Bett und das mit Fieber und nicht mit dem Oswald. Mit dem hat sie nämlich ein Pantscherl. „Nur ein Pantscherl“, betont sie, weil sie ihre Freiheit eben über alles liebt und viel mehr liebt als den Oswald oder sonst irgendeinen von diesen unnötigen Männern. „Nun ja: unnötig“, sage ich, aber Zweifel verträgt die Zappletal noch weniger als einen Zeckenbiss, da kann sie richtig grantig werden. Da spielt es Granada, da kannst du dir dann drei Tage lang alles alleine zusammensuchen, da kriegst du keine einzige Info von ihr („Ich bin doch nicht euer Kasperl!“), da kann schonmal ein Auftrag flöten gehen, weil der Zappletal alles wurscht ist, wenn sie grantig ist. Auch der Oswald geht ihr dann sonstwo vorbei, aber der duckt sich eh nur noch weg, wenn sie in Fahrt ist. Genau genommen duckt er sich auch sonst weg, aber so, dass sie es nicht merkt. Was der Oswald an der Zappletal findet, ist mir sowieso ein Rätsel. Wobei: Was die Zappletal an dem Oswald findet, ist mir auch ein Rätsel. Und was die Zappletal unter Freiheit versteht, ist mir erst recht ein Rätsel. Weil wo bitte ist das eine Freiheit, wenn ich meine Zeit damit verbringe, mich in irgendwelchen Fliegern eng an eng mit irgendwelchen Leuten in diese schrecklichen Sitze zu quetschen, um durch die Weltgeschichte zu fliegen. ‚Hauptsache weg‘, denke ich. ‚Die sind doch alle nur auf der Flucht‘, denke ich. In Wirklichkeit auf der Flucht vor der Freiheit. Vor der Sterbenslangeweile, die so eine Freiheit hat, wenn man es echt ernst angeht mit ihr. ‚Ja, die Zappletal liebt ihre Freiheit über alles, vor allem die Freiheit von der Arbeit‘, denke ich mir. Ich atme tief durch, weil mir das alles eh nichts nützt. Die Ablage von der Zappletal ist brechend voll. Los geht’s. 




Kommentare

  1. Schönes Foto - herrlicher Text.
    Die Zappletal (den Namen habe ich noch nie gehört) ist eigenwillig bis eigensinnig, ein Charakterkopf halt, wie man ihn hin und wieder antrifft. :--)
    Einen lieben Gruss ins gewittrige Heute,
    Brigitte

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    1. Danke! Ja, die Zappletal hat was (ich habe den Namen, bevor er mir eingefallen ist, auch noch nie gehört! :) ) Ich bin gespannt, was da noch kommt von ihr!
      Lieb Grüße, Andrea

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  2. Ist die Zappetal die Schwester vom Zappelphilipp?
    Jedenfalls scheinen beide eine Art "Nervensäge" zu sein, wenn man sich den nerven lassen will ;)
    Herzliche Grüße

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    1. Eine Nervensäge ist sie, ja, den Eindruck habe ich auch!
      Liebe Grüße, Andrea

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