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Eine Damenrunde

 Ich habe gestern mit Filo gestritten und das hängt mir heute noch nach. Ich habe sogar von ihr geträumt, irgendetwas Unangenehmes, mehr weiß ich nicht. Kopfweh habe ich auch. „Seinen Weg soll man gehen“ – wenn ich so etwas schon höre. Hätte ich echt nicht gedacht von Filo, dass sie redet wie ein Lebenshilfebuch vom Wühltisch. Als ob man einen anderen als den eigenen Weg gehen könnte. Eigene Beine, eigener Weg, so einfach ist das. Oder hat sie fremde Beine, neuerdings? Filo ist anders geworden, seit sie die Richtung gewechselt hat. Nein, nicht hilfreich. Nicht was mein Diversity-Projekt angeht und sonst auch nicht. Zu viel Empowerment, denke ich. Die hat zu viel Empowerment abbekommen. Nicht mehr genießbar für unsereins. Ja, so ein Weg kann schon ausschauen wie ein fremder, aber eben nur ausschauen. Mach irgendwo einen Schritt und schon hast du deinen Weg. „Und wenn du am Fleck stehen bleibst, hast du einen Standpunkt. Auch schön, kann aber fad werden“, hat Filo gesagt, und hat blöd ins Telefon gelacht. „Geh hab mich doch gern!“, habe ich gesagt und das Telefonat beendet. Wenn mich nicht alles getäuscht hat, hat sie noch „Aber gern!“ gerufen. Zu viel Empowerment, ich sag’s ja. Mein Kopfweh wird vom Erinnern auch nicht besser. Zwei heiße Tage stehen mir bevor. Bis zu dreiunddreißig Grad soll es kriegen. Schrecklich. Ich hätte mir die Klimaerwärmung angenehmer vorgestellt, gleichmäßiger. Nicht so ein Durcheinander von falsch getimten Temperaturen und Einbrüchen. Zu heiß, zu kalt und dazwischen Gewitter, Stürme. Feuer, extreme Trockenheit. Starkregen, das Wort habe ich bis vor kurzem noch nicht einmal gekannt. Schön langsam wird man zum Wetterfachmann, zumindest zum Meteorologen-Fachausdrücke - Fachmann. Wie bei Corona, da lernt man ja auch jede Menge Ausdrücke (und die Leute sind so blöd, dass sie sich für Fachleute halten, nur weil sie ein paar Ausdrücke kennen). Und Filo ist jetzt ein LTBQ-Fachmann, nein, eine LTBQ-Fachfrau. Weil so fängt es an. Mit der Sprache nämlich. Geh deinen Weg, aber sprich meine Sprache. Was habe ich für eine Wut auf Filo.                      

Die zwei freien Tage liegen immer noch vor mir und im Kabinett liegt Ina. Sie schläft noch. Ich könnte mich aus der Wohnung schleichen, das würde mir viel ersparen. Ich muss gar nicht wissen, was es mir ersparen würde, weil ich mir alles, das von Ina kommt, ersparen will. Alles an Ina ist anstrengend. Eine wandelnde Klimakatastrophe ist diese Frau. Und Annemie ist abgetaucht. Mit dem Oswald? Gestern war der doch noch da, kein Wort hat er zu mir gesagt wegen ihr oder dass er mit ihr wegfährt. Nach Prag? Oder ist sie wegen dem Oswald abgetaucht? Weil ich immer „der Oswald“ gesagt habe und nicht „Herbert“? Annemie mag so ein Daherreden nicht. Schon gar nicht, wenn es um was Privates geht. Um was Annemie-Privates. Ghostet sie mich? (Gezieltes Abtauchen nennt man neuerdings „ghosten“, Annemie würde das nie machen. Ist nicht ihr Stil.) Oder hat sie einfach keine Zeit, so ein Umzug ist ja kein Spaziergang? Ich sollte sie anrufen, ich rufe sie aber nicht an. „Das ist mein Weg“, sage ich in Gedanken zu Filo. "Auch wenn ich wo nicht hingehe, ist das ein Weg", rede ich weiter und Filo verdreht die Augen. Das ist ihr zu hoch. „Oder zu niedrig“, sagt sie. „Du bist nur feig.“ Ja, Filo ist eben Filo. Kein Sinn fürs Diffizile. Mein Kopfweh wird immer stärker. Was soll ich nur mit diesem Wochenende anfangen. 




Kommentare

  1. Da ist schwer zu raten auf diesem diffizilen Weg.
    Man fängt wohl gar nicht erst an... :--)
    Einen lieben Sonntagsgruss, noch ohne Kopfweh,
    Brigitte

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    1. Wie wahr! :) (Morgen kommt die Auflösung, also das, was sie am Sonntag gemacht hat. :) )
      Liebe Grüße, ebenfalls ohne Kopfweh :)
      Andrea

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