Ich bin ganz mechanisch in die U-Bahn eingestiegen und genauso mechanisch bewege ich mich im Steffl zwischen den Luxusinseln. Nehme Hosen von Max Mara, T-Shirts von Kenzo, Seidenblusen von Missoni, blumige Kleider von Lena Hoschek von den Kleiderständern. Ich ziehe ein Kleidungsstück nach dem anderen an, als ob ich eine Anziehpuppe wäre. „Gabriella am Strand“, „Gabriella beim Geschäftstermin“, „Gabriella geht spazieren“, „Gabriella trifft eine Freundin“, ich drehe mich vor dem Spiegel wie eine Aufziehpuppe, bleibe ich stehen, stehe ich da wie eine Schaufensterpuppe. Werde ich mich nie wieder bewegen. Was mir gepasst hat, werfe ich auf einen Haufen. „Ich nehme alles“, sage ich, weil alles anders werden muss. Als ich den Preis höre, muss ich das meiste wieder zurückgeben. „Gabriella in der Sky Bar“ habe ich sowieso nicht gefunden.
Die Großmutter. Die
Elfi hat was Besseres werden wollen. Besser als ich, besser als ihr Vater,
besser als ihre Brüder. Und dann hat sie den Doktor genommen. Nach Amerika sind
sie geflogen und zurückgekommen ist sie schwanger. Und ein blaues Auge hat sie
gehabt. Ich hab‘ der Elfi immer gesagt, dass ihre Beine beisammen lassen soll.
Das Kind. Das
Kind hat die Beine immer beisammen gelassen, auch wenn es einen
Muskelkater bekommen hat, weil die Messe gar so lang gedauert hat. Am Anfang geht
es das ganz leicht, aber nach einiger Zeit hat das Kind die Beine fest
aneinanderdrücken müssen, damit sie ihm nicht aufgehen. Es hat immer schon aufs
Knien und Aufstehen gewartet und wenn es wieder zum Niedersetzen war, hat es die
Beine heimlich ein wenig geschüttelt. Auch wenn der Onkel das Kind ins Knie gezwickt
hat (das Knie hat er zwischen Daumen und Zeigefinger genommen und zugedrückt),
hat es die Beine beisammen gelassen, aber es hat ganz laut gequietscht. Weil es
noch eine Jungfrau war, hat der Onkel gesagt.
Das grüne Sakko
von Michael hängt auf dem Sessel. Ich habe es sorgfältig glattgestrichen bevor
ich es hingehängt habe, als ob er es heute abend, wenn wir essen gehen oder ins
Kino, wieder anziehen will. Gemeldet hat er sich nicht. Ich warte auch nicht. Doch,
ich warte schon aber nicht speziell auf ihn. Worauf ich warte? Auf bessere
Zeiten. Da kannst aber lang warten. Besser du legst dir Vorräte an. Hier ist
doch alles leer. Einer von Annabells Zwergen kriecht aus der Tasche von
Michaels Sakko. An einem schlecht vernähten Faden klettert er hinunter auf den
Boden. „Mädel, jetzt empowere dich endlich!“, sagt er. Ob man das Großspurige
in Hamburg lernt? Er spaziert durch die Wohnung. „Suchst du was?“ Ja, er sucht
Ina. „Was willst du von Ina?“ Das geht mich nichts an. „Nicht jetzt“, sagt er.
Bei deinen Geschichten läuft es mir immer ein wenig kalt den Rücken hinunter. Da brodelt es so unheimlich und unterschwellig...
AntwortenLöschenUnd dann diese wunderschöne Mohnblüte - ein extremer Kontrast.
Lieben Gruss ins Wochenende,
Brigitte
Vielen Dank, diese Beobachtung freut mich sehr. :)
LöschenLiebe Grüße, Andrea