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An Land (Zu Myriades Impulswerkstatt)

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Ich habe mal wieder bei Myriades Impulswerkstatt mitgemacht ... 







An Land

Wenn Kinder in Teichen aufgezogen werden, bleiben sie Teichkinder ein Leben lang: Geruch und Farbe haften ihnen an, so lang es sie gibt, und stets werden sie Grün bevorzugen, dieses tiefe, schwere Grün, typisch für das Wasser eines solchen Teichs, der nicht blau wie der sich in anderen Gewässern heiter spiegelnde Himmel, sondern grün wie all das ist, das in so einem verlorenen Teich wächst: von Wasserlinsen und Teichrosenblättern, die ihn wie ein Teppich bedecken, bis zu Schilf und Binsen, die ihn vom Ufer aus, stetig in die Mitte vorstoßend umstehen, bis zu den Tannenwedeln, die sich von unten an die Wasseroberfläche und darüber hinaus arbeiten – wie es auch die Teichkinder tun müssen. Grünes Wasser an den Fersen, Träume aus Glas in den Köpfen und namenlos – Wer hätte ihnen Namen geben sollen? –, so treiben diese Kinder haltlos an Land umher, wenn sie, dem Druck der ununterbrochen wachsenden Population folgend, das Wasser verlassen haben. Nisten sich da, nisten sich dort ein, bauen grüne Glaspaläste mit phantastisch-verschlungenen Applikationen, erfinden zauberhafte Karaffen und Gläser, Vasen, Schalen und Schälchen. Sonnen, Fische, Blätter, Ranken, alles aus grünstem Glas und so fest, wie es ihnen möglich ist, aber niemand kauft ihnen etwas ab. Wozu sollte das alles gut sein? Bekommen all diese Wunderbarkeiten doch schon Sprünge, wenn man den Blick zu schnell darauf wirft, und zerspringen sie gar, wenn man sie in die Hand nehmen mag. Um an Festigkeit zu gewinnen, bauen die Teichkinder gelegentlich auch Zäune und stecken ihre Träume aus Glas in die schützenden Metallhüllen speziell gefertigter Zaunpfähle, erinnern sich an damals, als sie noch zuhause waren und keine Namen brauchten, rufen einander immer wieder Worte zu, Namen vielleicht, vorsichtig, leise, zart, aber auch die zerbrechen: Scherben, in denen das Wasser schillernd aufgebrochen daliegt, grünes Glitzern, wenn wieder die Sonne scheint. Da sitzen die Teichkinder dann davor, freuen sich und staunen über diese Schönheit, und manchmal, wenn die Sonne groß genug scheint, staunen sie Blasen, ganz ähnlich denen, die vom Untergrund des Teiches zur Wasseroberfläche aufsteigen, dort ziellos umherirren und schließlich platzen.


Kommentare

  1. Oh ein Teichtext, ein Wassertext ! Es fasziniert mich, wie du deine Umgebung in Texte umwandelst. Teichkinder, die immer Teichkinder bleiben, eine Mischung aus surrealer Feengeschichte und handfester Entwicklungspsychologie. Das passt so gut zu dir: schwebend und bodenständig zugleich. "Blasen staunen" , toll ! Und das Grün, das viele Grün! Für mich eine Anti-Hitze-Farbe. Ganz herzlichen Dank für den nassgrünen Beitragstext.

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    1. O, vielen Dank, das freut mich sehr, dass die der Text gefällt. Hatte ich eigentlich gar nicht vor ... aber dann ... :)
      Liebe Grüße, Andrea

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  2. So geht´s mir auch gerade. Ich wollte heute gärtnern und sitze nun schon seeehr lange vor dem PC. Aber es ist halt grade so spannend ;)

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